Ein Plädoyer für Mannschaftsgolfer: Wer den Score wirklich verbessern will, muss seine Aufmerksamkeit vom Tee auf das kurze Spiel verlagern. Denn auf dem Weg zu konstant besseren Ergebnissen ist nicht der lange Drive entscheidend, sondern die Intelligenz und Vielseitigkeit rund ums Grün.

Der große Irrtum beginnt oft mit dem Satz: „Ich war doch am Grün.“ Was nach einem Erfolg klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Trugschluss. Denn ein Drei-Putt oder ein Chip gefolgt von zwei Putts ist weit entfernt von einem gelungenen Abschluss des Lochs. Tatsächlich ist die bloße Nähe zum Loch wertlos, wenn der zweite oder dritte Schlag nicht sitzt.
Statistiken belegen: In Mannschaftswettbewerben entscheiden selten Drives über Sieg oder Niederlage. Vielmehr geht es darum, aus jeder Lage rund ums Grün mit zwei Schlägen auszukommen. Wer auf sieben von 18 Löchern das Grün in Regulation trifft, steht auf den restlichen elf unter Druck, das sogenannte Up & Down zu meistern. Gelingt das in 50 Prozent der Fälle, bedeutet das sechs gerettete Schläge – pro Spieler. In einem Team mit sieben Spielern summiert sich das auf bis zu 42 Schläge. Das entspricht einem Leistungsunterschied von rund vier Handicap-Punkten.
Doch mit Technik allein ist es nicht getan. Entscheidend ist der sogenannte Golf-IQ – die Fähigkeit, Situationen richtig einzuschätzen, die passende Technik zu wählen und mental fokussiert zu bleiben. Viele trainieren isoliert: Putts aus 1,5 Metern, Chips vom Rasen, Lobs über Hindernisse. Doch wie verändert sich das Spiel, wenn das Grün nass, holprig oder stumpf ist? Wie reagiert der Ball auf harten Boden oder unebene Lies?
Ein kluges Kurzspiel bedeutet, die Rahmenbedingungen zu lesen und sich anzupassen. Es ist ein Spiel der Entscheidungen: Chip oder Putt? Angriff oder Sicherheit? Dan Grieves bringt es auf den Punkt: Kurzspiel ist situativ, nicht statisch.
Es braucht die Fähigkeit, mit flachlaufenden Chips stumpfe Grüns zu meistern oder mit gefühlvollen Lobs enge Pins anzuspielen. Manchmal ist der Hybridschlag vom Vorgrün die beste Option. Und nicht selten ist der Putter aus dem Vorgrün die sicherste Wahl.
Die Mentalität entscheidet mit. Wer beim Chip Angst vor dem "Thin" hat, spielt gehemmt. Wer sich den idealen Landepunkt und das Rollverhalten vorstellen kann, agiert souveräner. Es braucht Fokus, Geduld und das Wissen, dass nicht jeder Up & Down gelingen muss – aber jeder eine kluge Entscheidung erfordert.
Ein Beispiel verdeutlicht den Unterschied: Spieler A schlägt 270 Meter weit, hat aber ein unflexibles Kurzspiel. Spieler B bringt den Ball nur 220 Meter weit, agiert aber clever ums Grün. Auf weichem Boden spielt A zur Fahne und braucht drei Schläge, während B quer spielt, zwei Putts plant und einen Schlag spart.
Am Ende ist es nicht die Länge, die entscheidet, sondern der Golf-IQ. Wer nicht nur Technik trainiert, sondern auch Entscheidungen, der wird selbst bei schlechtem Wetter und auf schwierigen Plätzen konstant gut scoren.
Der Drive bringt dich zum Grün. Aber dein Kurzspiel bringt dich ins Clubhaus – mit einem Score, der dein wahres Potenzial zeigt.

Was auf schlechten Grüns funktioniert – funktioniert auf perfekten oft nicht
Ein kräftiger Druckputt hilft auf stumpfen Grüns, aber auf schnellen Grüns rollt der Ball zu weit oder nimmt unerwartete Breaks. Deshalb brauchst du nicht nur Technik – du brauchst Verstand.
- Wann chippe ich statt putte?
- Wann spiele ich quer, um Tempo zu kontrollieren?
- Wann nutze ich Spin – und wann lieber nicht?
- Welches Risiko lohnt sich unter welchem Grünzustand?
Dan Grieves’ Ansatz: Kurzspiel ist situativ – nicht statisch
Der englische Kurzspiel-Coach Dan Grieves lehrt nicht „den einen richtigen Schlag“, sondern:
Technik = Werkzeugkasten + Entscheidungsintelligenz
- Flachlaufende Chips für stumpfe, nasse Grüns
- Gefühlvolle Lob-Pitches für enge Pins bei trockenen Bedingungen
- Hybridschläge aus dem Vorgrün bei unebenen Lies
- Ruhige Hände für kurze Putts auf holprigem Untergrund
- Taktisches Denken, wann du lieber zwei Putts planst als ein riskantes Up-and-Down
Was musst du konkret trainieren?
- Chips aus verschiedenen Lies – mit und ohne Graskontakt
- Putts auf verschiedenen Grünarten – weich, schnell, holprig
- Techniken wechseln lernen: z.B. Hybrid-Putt, Sandwedge-Chip, 7er-Eisen-Putt
- Entscheidungen bewusst treffen: Wo liegt der höchste Nutzen, wo das geringste Risiko?
- Trainiere auf schlechten Grüns bewusst deine Kontrolle – nicht nur auf guten dein Gefühl
- Verschiedene Putt-Techniken einbauen
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